Erinnerungsorte der Täuferbewegung

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Ausbreitung und Zentren der Täuferbewegung

An den Erinnerungsorten der Täuferbewegung wird auf unterschiedliche Weise das Gedenken der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandenen Bewegung der Täufer gepflegt.

Das augenfällige äußere Kennzeichen dieser Bewegung war die strikte Ablehnung der Säuglingstaufe und die konsequente Praxis der Gläubigentaufe. Ihre Anliegen waren und sind aber erheblich umfangreicher. Die Täufer stellten in Schrift, Wort und Lebenspraxis die Frage nach dem Wesen der Kirche, forderten die Trennung von Thron und Altar und waren Wegbereiter der erheblich später gesetzlich garantierten Glaubens- und Gewissensfreiheit. Sie diskutierten die Frage, ob es für Christen erlaubt sei, Kriegsdienst zu leisten, und kamen dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen. Sie suchten aufgrund ihrer jeweiligen biblischen Einsichten nach neuen Formen menschlichen Zusammenlebens und entwickelten hier unterschiedliche Modelle, die einander zum Teil entgegengesetzt waren. Viele Angehörige der reformatorischen Täuferbewegung wurden wegen ihrer Überzeugungen verfolgt, vertrieben und als Märtyrer hingerichtet. Die moderne Täuferforschung spricht – parallel zum Genozid – inzwischen von einem Ekklesiozid, der an den Täufern verübt worden sei. Neben den staatlichen Behörden waren es vor allem die Beauftragten der katholischen, evangelisch-lutherischen und evangelisch-reformierten Kirchen, die maßgeblich daran beteiligt waren.

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte erfolgte eine Neubesinnung auf das Vermächtnis des sogenannten linken Flügels der Reformation. Sie drückt sich unter anderem auch darin aus, dass eine Reihe von Orten, die für die Täuferbewegung historisch relevant sind, besonders gekennzeichnet wurden. Die folgende Liste bietet – nach Ländern und Orten sortiert – einen noch nicht vollständigen Überblick.

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Baden-Württemberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bayern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Althegnenberg-Hörbach: Täuferbrunnen mit der Inschrift: Zur Erinnerung an 9 Opfer aus unserer Heimat, die in der Reformationszeit als „Täufer“ wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. Ihre Friedfertigkeit und ihr Eintreten für die Grundwerte des christlichen Glaubens büßten sie mit dem Leben. Unter ihnen waren vier Hörbacher: Matthes Hoffmair; Andre auf der Stelzen; Christoph Jos und Gebhardt. Wenn sie uns Heutige an Toleranz gegenüber Andersgläubigen, Andersdenkenden und Fremden gemahnen, dann war ihr Tod nicht vergebens. 1527 - 1999[3]
  • Augsburg: Haus der Susanna Daucher, Schleifergässchen. Hier wurde im April 2013 eine Gedenktafel angebracht. Die Inschrift lautet: Am Ostermorgen, 12. April 1528, versammelte sich eine Gemeinde der Täufer im Haus des Bildhauers HANS DAUCHER und seiner Frau SUSANNA.
    Die Stadtwache sprengte die illegale „Zusammenrottung“ und verhaftete 88 Personen. Sie wurden, teilweise unter Folter, verhört. Auf Beschluss des Stadtrates wurden die meisten ausgewiesen. Dorothea Fröhlich, Scholastika Stierpaur und Thomas Paur erhielten ein Brandzeichen. Elisabeth Heggenmiller wurde die Zunge herausgeschnitten. Vorsteher Hans Leupold wurde am 25. 4. 1528 hingerichtet.
    Susanna Daucher wurde am 21. 4. 1528 ausgewiesen. Weil sie schwanger war, wurde ihr das Brandzeichen erspart. Ihre beiden kleinen Söhne musste sie zurücklassen.
    [4]

Niedersachsen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nordrhein-Westfalen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Münster:
    • Täuferkörbe – Nach ihrer Verurteilung am 16. Januar 1536 erfolgte zu Füßen der Lambertikirche am 22. Januar des Jahres die öffentliche Marterung und Hinrichtung der drei verbliebenen Anführer des Täuferreichs von Münster. Sie wurden am Turm der Kirche in drei eisernen Körben aufgehängt, „daß sie allen unruhigen Geistern zur Warnung und zum Schrecken dienten, dass sie nicht etwas Ähnliches in Zukunft versuchten oder wagten“.[5] Von den Körben existieren drei Nachbildungen, die im Jahre 1888 angefertigt wurden. Sie erwarb Hermann Landois (1835–1905, Zoologieprofessor) für seine pseudo-historische Sammlung in der Tuckesburg im alten Zoo. Diese Kopien wurden von dort 1982 für die Ausstellung von Stephan Huber im Westfälischen Kunstverein ausgeliehen und mit weißen Segelflugzeugflügeln versehen im Ausstellungsraum im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte ausgestellt unter dem Titel Das Gottesreich fliegt – der Kunstverein tanzt (Katalog). Sie hängen heute im Stadtmuseum Münster. Die Originale hängen nach wie vor an der Lambertikirche.

Rheinland-Pfalz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter der Überschrift Täuferspuren in der Pfalz verweisen seit 2017 Informationstafeln an verschiedenen Orten auf die Geschichte der rheinland-pfälzischen Mennoniten. Sie laden ein, die „vielfältige Geschichte von Verfolgung, Vertreibung und Tod, aber auch von Tolerierung und Integration“ zu erkunden und sie gleichzeitig zu erwandern und mit dem Fahrrad oder Auto zu erfahren.[6]

Bis Mitte 2018 wurden Tafeln an folgenden Gebäuden beziehungsweise Orten angebracht:

Schleswig-Holstein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thüringen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jena: Auf der sogenannten Landfeste, einem befestigten Gelände vor den Stadtmauern Jenas, direkt an der Saale bei der Camsdorfer Brücke gelegen, wurden am 26. Januar 1536 die drei Täufer Hans Peißker, Jobst Müller sowie Heinz Kraut enthauptet und an Ort und Stelle begraben. Beim Bau der neuen Saalebrücke entdeckte man 1912 ihre drei Skelette mit den vom Rumpf getrennten Häuptern.[9]
  • Kloster Reinhardsbrunn: Gedenkstele für die 1530 dort ermordeten Täufer[10]
  • Zella-Mehlis: Gedenkstein links vor dem Osteingang der Kirche St. Blasii mit der Aufschrift: Den Wiedertäufern aus Zella St. Blasii zum Gedenken. Das Denkmal nennt die Jahreszahl der Hinrichtung von sechs Täufern (1530) und die Jahreszahl seiner Errichtung (2013). Als Stifterin des Gedenksteins wird die Kirchengemeinde Zella-Mehlis genannt.

Niederlande[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innsbruck[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • In Innsbruck erinnert eine Gedenktafel beim Goldenen Dachl an den dort hingerichteten Jakob Hutter. In den Jahren 2006 bis 2007 bildete sich in Innsbruck ein Arbeitskreis, der sich um Zeichen der Versöhnung mit den Hutterern bemühte. Ihm gehören Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche, die Friedensbewegung Pax Christi Tirol und die Arbeitsgemeinschaft evangelikaler Gemeinden an. Am 25. Februar 2007 fanden ein Gedenkakt vor dem Goldenen Dachl und ein gemeinsamer Gebetsgottesdienst im alten Innsbrucker Rathaus statt. Auf Einladung des Arbeitskreises kamen drei Hutterische Ehepaare nach Tirol.
  • Im Huttererpark in Innsbruck befindet sich die 2015 angelegte Täufergedenkstätte Übrige Brocken. Das von Verena Paula Simeoni geschaffene Denkmal besteht aus zwölf naturbelassenen, kreisförmig angeordneten Steinen mit den eingravierten Worten „Denn Steine an Gottes Diadem sind sie, die über seinem Land funkeln“ (Sach 9,16 ELB).[11] Träger des Parks und der Gedenkstätte ist der bereits erwähnte Hutterer-Arbeitskreis Tirol[12].

Niedersulz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rattenberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rattenberg ist der Geburtsort des bekannten Wasserbauingenieurs und Täuferführers Pilgram Marbeck. An ihn erinnert eine Gedenktafel, die an seinem elterlichen Wohnhaus durch die Privatstiftung Sparkasse Rattenberg angebracht wurde.
  • Burgruine Rattenberg. Hier wurden zwischen 1528 und 1540 71 Täufer hingerichtet,[13] unter ihnen Leonhard Schiemer, eine der bedeutenden Persönlichkeiten der Täuferbewegung.

Steyr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Täuferbrunnen im Quenghof (Steyr) - Der Brunnen erinnert an das Wirken des Täufers Hans Hut in Steyr, dem es gelungen war, eine Reihe von Handwerkern für seine täuferischen Lehren zu gewinnen. Während Hans Hut sich den Verfolgungen durch die städtischen Behörden durch Flucht entziehen konnte, wurden 12 seiner Anhänger zum Tode verurteilt und mit dem Schwert oder auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Täufer gab es in Steyr noch 1568.[14]

Wien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schweiz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bäretswil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Corgémont[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schleitheim[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonceboz-Sombeval[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Täuferweg (französisch: Chemin des Anabaptistes)

Sumiswald[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trub[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Täuferhof mit permanenter Ausstellung, Täufer-Erlebnisweg[17]

Zollikon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eine Tafel an einem Haus in der Gstadstraße erinnert an eine der ersten Versammlungen (25. Januar 1525) der Täufer.

Zürich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Slowakei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sobotište[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Astrid von Schlachta, Ellinor Forster, Giovanni Merola: Verbrannte Visionen? Erinnerungsorte der Täufer in Tirol. University Press: Innsbruck 2007. ISBN 978-3-902571-10-6
  • Astrid von Schlachta: Täufer. Von der Reformation ins 21. Jahrhundert. Narr Francke Attempto Verlag: Tübingen 2020. ISBN 978-3-8252-5336-3. S. 377–381 (Erinnerungsorte – Täuferspuren in Europa)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Remszeitung (7. Dezember 2009): Gedenken an die in Schwäbisch Gmünd im Jahr 1529 hingerichteten Anhänger der Täufer; eingesehen am 3. Juni 2013
  2. Internetauftritt der Baptistengemeinde Waldshut; eingesehen am 2. Juni 2013
  3. Augsburg: Täuferbrunnen Hörbach; eingesehen am 3. Juni 2013
  4. Mennonitengemeinde Augsburg: Enthüllung Gedenktafel Susanna Daucher, 12. April 2013; eingesehen am 27. Mai 2013
  5. Thomas Seifert: Die Täufer zu Münster. agenda Verlag, Münster 1993, ISBN 3-929440-18-0, S. 42
  6. Täuferspuren.de: Täuferspuren in Rheinland-Pfalz; eingesehen am 4. August 2018
  7. Täuferspruren.de: Weierhof-Gymnasium; eingesehen am 4. August 2018
  8. Sabine Birkenbeil: Anthropologische Untersuchungen eines Skelettes vom Elisabethplan unterhalb der Wartburg und der Täufer Fritz Erbe, Wartburg Jahrbuch 2007, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2008, ISBN 978-3-7954-2216-5, Seiten 168–74
  9. Geo.Viaregia.org: Jena/Landfeste; eingesehen am 3. März 2022
  10. Mitteldeutscher Rundfunk: Themenjahr "Religion und Toleranz" eröffnet; eingesehen am 3. Juni 2013
  11. Eröffnungsfeier der Täufergedenkstätte im Huttererpark Innsbruck. Diözese Innsbruck, 16. Oktober 2015, abgerufen am 17. Mai 2023
  12. Sichtbar evangelisch: Übrige Brocken
  13. Beatrix Pinzer, Egon Pinzer: Burgen, Schlösser und Ruinen in Nordtirol, und Osttirol. 1996. S. 172
  14. steyrerdenkmal/wordpress.com: Wiedertäuferbrunnen im Quenghof (7. September 2013); eingesehen am 24. November 2022
  15. Museum Schleitheim: Täuferausstellung (Memento des Originals vom 17. August 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museum-schleitheim.ch; eingesehen am 3. Juni 2013
  16. Schweizer Bauer.ch: Wo einst ein Märtyrer wohnte (25. Juni 2016); eingesehen am 5. Dezember 2019
  17. Gemeinde Trub: Täuferversteck im Hüttengraben (Memento des Originals vom 14. Juli 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.trub.ch; eingesehen am 3. Juni 2013